Parsifal, 2012

Tuschfeder, laviert

48 x 36 cm, Privatbesitz. 

„Auch der bereits erwähnte Klingsor hatte sich um Aufnahme in die Ritterschaft bemüht. Da es ihm nicht gelungen war, sich an das Keuschheitsgebot zu halten, entmannte er sich selbst. Doch weil der Gral Askese aus freier geistiger Selbstüberwindung verlangt, wurde er abgewiesen. Daraufhin erreichte er auf der südlichen (heidnischen bzw. maurisch-arabischen) Seite des Monsalvat ein Zauberschloss, in dessen paradiesartigen Garten zahllose „Blumenmädchen“ darauf warten, über ihrem Gelübde schwankend werdende Gralsritter zu verführen. Dadurch hofft Klingsor den feindlichen Orden so zu schwächen, dass ihm Gral und Speer – und damit unendliche Macht – in die Hand fallen. […] 

Damit hat sich der schon länger im Raum stehende Verdacht bewahrheitet, dass das Hauptproblem auf dem gesamten Berg der Rettung (Monsalvat) die unkontrollierbare sexuelle Begierde ist. Hierbei handelt es sich nicht nur um ein permanentes privates Problem Wagners und um das Thema der christlichen Sittenlehre wie der Psychologie des 19. Jahrhunderts. Heutige Hörer, die schon beim Blättern im Programmheft auf Werbung stoßen, die noch vor fünfzig Jahren dem Jugendschutz zum Opfer gefallen wäre, muss die beinahe manische Weise irritieren, mit der sich die Protagonisten des Parsifal ständig der Perversion bezichtigen.“ 

(Aus: „Der kleine Wagnerianer“, Enrik Lauer und Regine Müller, C.H. Beck Verlag, 2012, )