WAGNERIANISCHE BEGLEITERSCHEINUNGEN, 2012

WAGNERIANISCHE BEGLEITERSCHEINUNGEN, 2012

(Monaco Franze)

Tuschfeder, laviert, weiß gehöht

48 x 36 cm. Privatbesitz. 

„Monaco Franze hat natürlich keine Ahnung von der Oper und schon gar nicht von Wagner, weshalb er dem im Anschluss geplanten gemeinsamen Restaurantbesuch mit Schrecken entgegensieht. Dessen ungeachtet, wagt er im Lokal die offene Konfrontation mit dem Wortführer Dr. Schönfärber -– nomen est omen  – und geißelt die Aufführung als „altmodisch bis provinziell“, den Dirigenten als „uninspiriert und lahm“ und die Sängerin der Brünhilde gar als „undisponiert“. Im Nu ist ein lautstarker Streit im Gange. Der selbsternannte Opernkenner Dr. Schönfärber beschimpft Monaco als „frech und präpotent“ und verwahrt sich im Namen der illustren Tischgesellschaft dagegen, die angebliche „Sternstunde“ derart zu entweihen. Bevor es zum handfesten Gerangel kommt, verlässt das ungleiche Ehepaar das Restaurant. Vor der Tür kreuzt ein Verkäufer der Süddeutschen Zeitung ihren Weg, Monaco erwirbt ein Exemplar und schlägt scheinbar neugierig die Kurzkritik der Premiere auf. Genüsslich liest er seiner verärgerten Gattin die niederschmetternden Zeilen des als Institution geltenden (fiktiven) Opernkritikers Hans Böttner-Salm vor, die wundersamerweise wörtlich dem entsprechen, was Monaco kurz zuvor provozierend in die Runde geworfen hatte. Annette reißt ihm da Blatt aus den Händen, um ins Lokal zurückzukehren und es dem „Schwätzer“ Dr. Schönfärber endlich mal so richtig zu zeigen. Des Rätsels Lösung: Monaco hatte nach der Aufführung den Kritiker abgefangen und ihn vorab um sein unbestechliches Urteil gebeten.“

(Aus: „Der kleine Wagnerianer“, Enrik Lauer und Regine Müller, C.H. Beck Verlag)