Graphit auf Bütten

80 x 59 cm

Reproduktion von Marco Wittkowski

Es erschien eine Archivarin, die mich mit den Worten begrüßte:

„So, so, Sie sind der Herr von der NPD.“ Reichlich irritiert gab ich zu verstehen, dass ich um Einsicht in Akten über die KPD gebeten hatte. „NPD, KPD für mich sind die das Gleiche und überhaupt haben wir dazu nichts.“ […]

Ich bat doch wenigstens diesen Mitarbeiter sprechen zu können, worauf die Archivarin hochroten Hauptes und laut schimpfend den Benutzerraum verließ. […]

Im Nachhinein gefragt, worüber ich denn eigentlich promoviert hätte, löste meine Antwort trotzdem noch manchmal für mich überraschende Reaktionen aus. So kamen einer führenden Lokalpartei doch erhebliche Zweifel, ob man einem „Kommunisten“ — denn wer über

die KPD promoviert muss selbst Kommunist sein — tatsächlich den eigenen Bestand zur Verzeichnung überlassen könne. […]

Im Gegensatz dazu gelangte ich für mich zu dem Entschluss, Menschen, die nach zwölf Jahren faschistischer Diktatur sich der neuen stalinistischen Diktatur verweigerten, genauso mit Respekt zu behandeln wie jene, die aus ihrer eigenen sozialen Benachteiligung heraus

weiter am kommunistischen Lösungsansatz festhielten.

Aus: Geschichten aus 1001 Promotion, „Sind Sie eigentlich Kommunist“ von Klaus Becker, 2006, Klinkhardt Verlag